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Ein programmierbarer Euro für Europa

Die Forderungen nach einem digitalen, programmierbaren Euro werden lauter. Der Bankenverband drängt auf die rasche Entwicklung einer Digitalwährung in Europa, um gegenüber China und den USA nicht noch weiter zurückzufallen. „Die Zeit des Zögerns und Philosophierens ist vorbei“, sagte deutsche Privatbankenverband (BdB)-Hauptgeschäftsführer Andreas Krautscheid dem Handelsblatt. „Wir müssen in Europa das Tempo erhöhen.“



„Es geht um die digitale Souveränität Europas“, sagt Krautscheid. „Wenn wir jetzt nicht in die Puschen kommen, können wir bei digitalen Bezahlmodellen künftig nur noch auswählen, ob wir die amerikanische oder chinesische Variante wählen wollen.“ Es scheint, dass die zukünftige Bedeutung eines digitalen Euros, insbesondere in einem geopolitischen Kontext, in der Wirtschaft angekommen ist.


Ein wesentlicher Grund für das Positionspapier des BdB sind die Rückmeldungen von großen deutschen Industrieunternehmen, die einen programmierbaren Euro fordern. Auf dessen Basis lassen sich Blockchain-basierte Finanztransaktionen in Euro abbilden, die im Rahmen von Industrie 4.0 und innovativen Geschäftsmodellen notwendig sind. Während es schon innerhalb der Europäischen Zentralbank und Unternehmen erste Experimente gibt, reichen diese Einzelprojekte bei weitem nicht aus. Es braucht Standards für einen einheitlichen, programmierbaren Euro. „Wir müssen uns innerhalb den nächsten zwei Jahre auf die Rahmenbedingungen für die Schaffung einer Digitalwährung in Europa verständigen.“ Das sei für den Erfolg der deutschen und europäischen Wirtschaft von herausragender Bedeutung.


In einem 27-seitigen Positionspapier mit dem Titel „Europas Antwort auf Libra: Potenzial und Bedingungen eines programmierbaren Euro“ fordert der BdB deshalb einen konkreten Fahrplan für die Einführung einer europäischen Digitalwährung. Zeitgleich startet die Initiative „Open Letter: Roadmap towards a digital programmable Euro“ unter der Leitung des Frankfurt School Blockchain Centers, die zur Unterstützung einer klaren Roadmap für einen programmierbaren Euro aufruft. blockLAB Stuttgart unterstützt diesen Vorstoß. Unterstützer können hier signieren und ihre Unterstützung aussprechen.


Mit dem Brief wird ein grober Fahrplan für die Einführung eines digitalen, programmierbaren Euros skizziert. Dieser soll Endkonsumenten, Industrieunternehmen, Finanzunternehmen und dem Einzelhandel zugänglich sein. Dabei wird von dem Konzept einer Central Bank Digital Currency (CBDC) unterschieden und der digitale Euro als Token auf Basis von Blockchain- bzw. Distributed Ledger Technologie (DLT) angedacht. Hiermit sollen folgende Vorteile erzielt werden:


· Nutzer umfassen Individuen, Industrieunternehmen, Finanzunternehmen und Einzelhandel

· Programmierbarkeit durch Smart Contract Funktionalität, die Prozessautomatisierung und Finanzdienstleistungen, wie Zinszahlungen, Darlehen und Treuhandkonten etc. erlaubt

· Interoperabilität des digitalen Euros, um Netzwerkeffekte über verschiedene Ökosysteme hinweg zu generieren

· Maschine-zu-Maschine Transaktionen, die in der Zukunft notwendig sind. Nutzer können daher auch IoT Geräte, wie Sensoren, autonome Roboter und Fahrzeuge sein

· Integration von Zahlung und Abwicklung über das gleiche DLT System, so dass die gesamte Abwicklung für digitalisierte Sicherheiten, Rechte, Produkte und Services in Echtzeit stattfindet

· Grenzüberschreitender Zahlungsverkehr, der in Euro Ende-zu-Ende bezeichnet ist und global mit verifizierten Sendern und Empfängern erfolgt


Die vorgeschlagene Roadmap gliedert sich in unterschiedliche Phasen. In der ersten Phase in Q3 / Q4 2020 soll der Aufbau und Transfer von Wissen erfolgen. In Q2 2021 soll ein Application Programming Interface (API) Standard definiert werden, der traditionelle Finanzinfrastruktur, wie ein IBAN Konto, mit einem DLT Netzwerk verbindet. Dies wäre eine solide Übergangslösung für die nächsten Jahre. Einzelne Initiativen bzw. Services solcher APIs werden bereits entwickelt. Eine einheitliche Standardisierung existiert noch nicht und sollte spezifiziert werden. In Q4 2022 soll ein Euro Token Standard entwickelt und auf unterschiedlichen DLT Netzwerken ausgegeben werden. In Q1 2024 sollte die Europäische Zentralbank selbst einen programmierbaren Euro in Form einer CBDC ausgeben.


Es ist bereits ein exponentielles Wachstum an Stablecoins, zu denen auch der digitale Euro zählen würde, zu beobachten. Seit Anfang Februar sind diese um 94% angestiegen und betragen mittlerweile eine Marktkapitalisierung von rund 11 Milliarden US-Dollar. Diese repräsentieren zu fast 100% den US-Dollar. Im Vergleich zum traditionellen Finanzsystem ist dieser Betrag noch minimal. Mit dem Launch von Libra und der Chinesischen CBDC könnte sich dieses Verhältnis aber schnell ändern. Solange kein in Euro bezeichneter Stablecoin mit breiterem Angebot existiert, können Startups und Unternehmen keine sinnvollen Blockchain-basierten Lösungen für den Europäischen Markt schaffen.

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